Abhärtung als Mittel der Wahl zugunsten des Immunsystems
Der Organismus der Patienten hatte somit gelernt, angemessen auf die wiederkehrenden Reize zu reagieren, was letztlich bewiest, dass die Vorgänge des Immunsystems nicht nur trainiert werden können, sondern die gestiegene Anzahl von Immunzellen den Körper besser gegen Krankheitserreger schützt. Die Jenaer Ärzte konnten aus diesen Ergebnissen schlussfolgern, dass sich durch regelmäßige Kaltwassergüsse über den Mindestzeitraum von zehn Wochen die Anfälligkeit für Atemwegsinfekte wirksam senken lässt.
Weitere Studien wurden 2007 von der namensgleichen Stiftung mit dem Sebastian Kneipp Preis ausgezeichnet:
Blutdrucksenkende Wirkung
Dr. med. Eva Jacob aus Bad Wörishofen stellte fest, dass einfache Kaltwasseranwendungen gemeinsam mit den weiteren Aspekten der Kneipp-Kur eine blutdrucksenkende Wirkung haben. Sie ermöglichen zudem eine verbesserte Blutdruckeinstellung mit weniger Medikamenten und können sogar zu einer Leistungssteigerung beitragen (Wirksamkeitsnachweis hydrotherapeutischer Anwendungen in der Behandlung der primären arteriellen Hypertonie Grad I /Grad II nach der WHO-Klassifikation).
Baldrian: angstlösende, stressreduzierende Wirkung
In seiner Dissertation an der Universität zu Münster konnte der Pharmazeut Dr. Miguel M. B. Hattesohl bei seinen pharmakologischen Untersuchungen unter-schiedlich hergestellter Zubereitungen aus Baldrian auf zentralnervöse Wirkungen die Aussage von Pfarrer Kneipp beweisen, dass Baldrian nicht müde macht und gleichzeitig beruhigt, wie fälschlicherweise häufig angenommen wird. Dies wird mit der angstlösenden, stimmungsaufhellenden und besonders der stressreduzierenden Wirkung von Baldrian verdeutlicht (Pharmakologische Untersuchungen zu Valeriana officinalis L.s.l.).
Heilende Wirkung von Gewürzen
Prof. Dr. Manfred Gratzl konnte gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe in München die Erkenntnisse von Sebastian Kneipp hinsichtlich der heilenden Wirkung von Gewürzen wie Thymian, Gewürznelken und anderen Pflanzen wissenschaftlich über völlig neue Mechanismen erklären. Sie fanden heraus, dass pflanzliche Aromastoffe im Körper nicht nur an die Riechrezeptoren der Nase anbinden und auf diese Weise „ein bekömmliches Essen signalisieren“, sondern auch an Sensorzellen in der Schleimhaut des Darms. (Enterochromaffin Cells of the Human Gut: Sensors for Spices and Odorants ‒ Thomas Braun, Petra Voland, Lars Kunz, Christian Prinz, and Manfred Gratzl GASTROENTEROLOGY 2007, 132, 1890-1901).
Vor diesem Hintergrund zeigt sich nicht nur erneut, dass die Vernetzung der „Festung Mensch“ enger ist, als häufig angenommen, sondern auch, dass die Stärkung des Immunsystems durch die Therapie des Sebastian Kneipp selbst in unserer heute doch scheinbar sehr viel komplexeren Welt aktuell ist wie eh und je…
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